Körperarbeit

Atmung – Ausdehnung – Gewicht


Noguchi Taiso – natürliche Bewegungsarbeit nach Noguchi


Noguchi Taiso wurde von Michizo Noguchi (1914-1998) entwickelt. In Noguchi Taiso wird aufgrund der eigenen Bewegung und der eigenen persönlichen Wahrnehmung das Selbst in Bezug zum Außen, der Natur erforscht. Was liegt der Bewegung als Prinzip (Spirale, Welle, Schwerkraft, Emotion usw.) zu Grunde. Es werden sowohl alltägliche Bewegungen wie Stehen, Gehen, als auch emotionale Ausdrucksformen im Mittelpunkt stehen. Wichtige Aspekte hierbei sind Schwerkraft, Ausdehnung und Atmung.

Im Taiso ist es wichtig, die Körpermitte durch tiefe und ausfüllende Atmung bewusst zu spüren, sein Gewicht wahrzunehmen und die Aufgespanntheit des Körpers im Raum. Den Körper in seiner Aufgespanntheit und Schwerkraft wahrnehmen und Außenimpulse geschehen lassen, ohne willentlich einzugreifen, bei sich sein und es zulassen. Diese Entspannung ist keine bewusste Tätigkeit, sondern ein Loslassen. Durch das reale Erleben des eigenen und des Gewichts des Partners können wir den Kreis des zwanghaften Denk–Tuns durchbrechen.

In der Partnerarbeit begegnen sich die Aufgespanntheit und Schwerkraft von zwei Körpern und so spüren wir einen durch diese beiden Qualitäten entstehenden Doppelkörper.

Noguchis Ansatz zur Bewegungsforschung beginnt mit einem verstärkten Bewusstsein für den Einfluss der Schwerkraft auf den Körper und die Verbindung des Körpers mit dem Erdmittelpunkt. Übungen in der Arbeit schulen den Körper, sein Gewicht anzunehmen und seine Empfindlichkeit zu erhöhen, um sich aus seinem entspanntesten und empfänglichsten Zustand heraus zu bewegen. Das Noguchi Taiso-Training kann Tänzern und Schauspielern, die daran interessiert sind, das Körperbewusstsein und die Körperkapazität zu erweitern, bei dieser Arbeit helfen.

Wichtig dabei ist die kinästhetische Wahrnehmung, sie kann in die vier Bereiche, Stellungssinn, Bewegungssinn, Kraftsinn und Spannungssinn eingeteilt werden. Der Stellungssinn ermöglicht es, ohne visuelle Kontrolle (im Dunkeln bzw. mit geschlossenen Augen) die Lage der einzelnen Glieder sowie die Stellung der Gelenke zueinander nachzuvollziehen. Die als Bewegungssinn bezeichnete Qualität der Tiefenwahrnehmung erlaubt es, sowohl Richtung als auch Geschwindigkeit von Bewegungen, auch ohne visuelle Kontrolle, wahrzunehmen. Das Abschätzungsvermögen für das Ausmaß der für eine Bewegung aufzuwendenden Muskelkraft wird als Kraftsinn bezeichnet. Der Spannungssinn schafft die Voraussetzung für die willentliche Beeinflussung des Spannungsgrades der Muskulatur, indem er Informationen über den Grad der Muskelspannung liefert. Diese Qualitäten machen deutlich, wie wichtig dieses Wahrnehmungssystem für die Kontrolle der Eigenbewegung ist. Es gibt Rückmeldung über die Stellung der Glieder zueinander, über die Muskelkoordination, den Spannungsgrad der Muskulatur und über jede Art von Bewegung.

Kindliche Bewegungserfahrungen sind begleitet von vielen kinästhetischen Sensationen wie Schwere und Leichtigkeit, Rhythmus und Geschwindigkeit, Zusammenspiel innerer und äußerer Kräfte oder Wechsel der körperlichen Lage in Raum und Zeit. Diese Sensationen erfahren Kinder bei Bewegungshandlungen wie hüpfen und springen, schaukeln und schwingen, drehen und tanzen oder balancieren. Auf diesen Grundlagen entwickelt Gregor Weber unterschiedliche Bewegungsformen und tänzerische Improvisationen. Der Körper lernt, sich mithilfe der ausdehnenden Linien aktiv und bewusst im Raum zu bewegen, diesen bewusst wahrzunehmen und die Zeit sinnvoll zu nutzen. Wann stoppe ich, wann ändere ich die Bewegungsqualität, wann verdichte ich Bewegungen, wann werden sie leichter.

Später entwickeln die StudentInnen in Kleingruppen eigene Improvisationen zu Themen wie Großstadt, Schwarm, der Einzelne und die Gruppe, Naturbilder. Was der Student weiß und kann nach der Grundausbildung: was leistet ein runder oder ein überdehnter Rücken, wie und für welche Bewegungen kann ich die Flanken benutzen. Was ist Takt und Gruppe, was Linie, Verdichtung oder Phrasierung einer Bewegung.  Die Basis Körper Arbeit in Verbindung mit tänzerischen, improvisatorischen Elementen setzt voraus, dass Raum, Zeit, Atmung, Timing und das Wissen um Bewegung zusammenspielen. Auf diesen Grundlagen aufbauend kann dann die Butoh Arbeit beginnen.

Wie kann sich der Körper anders und neu aufladen, vom Wind bewegt werden, sich wie Seegras oder eine Qualle bewegen? Auf der einen Seite ist es wichtig, Formen zu halten und darin trotzdem lebendig und durchlässig zu bleiben, wie beim Käfer oder dem Ballon. Auf der anderen Seite ist es wichtig, von Außenimpulsen bewegt zu werden, wie das Blatt im Wind oder die Marionette. Die Formen radikalisieren sich bis in die Arbeit an der Mimik, den Faces, was konkret Arbeit am Zentrum und an der Haftung am Boden, sowie eine noch differenziertere Atmung braucht.

Ein Mittel auf diesem Weg ist, abgesehen von den Bildern, die Atmung. Wir brauchen ihre Mitarbeit bei allen Bewegungen, aber je extremer diese werden, um so schwieriger wird es für die Atmung, ihnen auch folgen zu können. Um dieses Ziel zu erreichen, müssten wir dem Körper wohl erst einen Weg zeigen, wie er sich seiner Atmung bewusst werden kann, damit wir dann mit dieser neuen Erfahrung einen Weg gehen können, der diesen Anforderungen auch gerecht wird.